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Das letzte Einhorn

Lösung: Der Fantasyroman „Das letzte Einhorn“

(Originaltitel: englisch „The Last Unicorn“) entstammt der Feder von Peter Soyer Beagle. Er wurde am 20. April 1939 in New York geboren. 1968 erschien mit diesem Fantasy-Roman sein bisher bekanntestes Buch. Der Roman war ein großer Erfolg und ist mittlerweile ein Klassiker des High-Fantasy-Genres. 1982 kam die heute berühmte Zeichentrick-Verfilmung in die Kinos. Das Drehbuch dazu schrieb Beagle selbst. Neben seiner Arbeit als Schriftsteller und Drehbuchschreiber trat Beagle immer wieder als Folk-Sänger mit englischen, jiddischen, französischen und deutschen Liedern auf und hat auch ein Live-Album veröffentlicht.

Das letzte Einhorn

In einem Fliederwald lebte ein Einhorn, und es lebte ganz allein. Ohne etwas davon zu wissen, war es schon sehr alt. Dieses Einhorn hatte nicht mehr die flüchtige Farbe von Meerschaum, sondern eher die von Schnee in einer mondhellen Nacht. Seine Augen aber waren frisch und klar, und noch immer bewegte es sich wie ein Schatten über dem Meer. Einhörner sind unsterblich und wohl die schönsten Geschöpfe auf der ganzen Welt. Ihre Art ist es, allein in einem Wald zu leben. Wo ein Einhorn lebt, bleibt es immer Frühling. Den ganzen Tag wandelte die weiße schöne Gestalt unter großen Buchen und hütete die Tiere ihres Waldes, die in Nestern und Höhlen, in Büschen und Bäumen hausten.

Eines Tages ritten zwei Jäger durch den immergrünen Wald. Ungesehen folgte ihnen das Einhorn. Nachdem der ältere der beiden feststellte, dass es sich um jenen sagenumwobenen Wald handeln musste, wo ein Einhorn lebte und alle Tiere beschützte, beschlossen sie, umzukehren. Doch zuvor rief der eine von beiden noch in den Wald hinein, das Einhorn solle hier bleiben und auf sich achtgeben, da es das letzte auf der ganzen Welt sei. Als das Einhorn dies vernahm, wurde es nachdenklich und traurig.

Einige Tage später gesellte sich ein Schmetterling zum Einhorn und trug ihm auf seine seltsame Weise Geschichten und Lieder vor. Da fragte ihn das Einhorn, ob er jemals andere Einhörner gesehen habe. Und der Schmetterling erzählte ihm, dass sie vor langer Zeit verschwanden, gejagt von einem roten Stier. Da beschloss das Einhorn, die anderen zu finden.

Es begab sich auf eine abenteuerliche und gefährliche Reise. Nur Wenige können Einhörner erkennen, den meisten Menschen bleibt die wahre Gestalt verborgen. Im Käfig eines Kuriositätenzirkusses erkannte der unbegabte Zauberer Schmendrick das Einhorn und befreite es, um zusammen zu fliehen.

Mit der Hilfe der Räuberbraut Molly Grue fanden sie den Weg zu König Haggard, der der Herr des Roten Stiers sein sollte. Als sie ihr Nachtlager vor der Burg des Königs aufschlugen, fand sie der rote Stier, doch Schmendrick nutzt seine Magie und verwandelte das Einhorn in einen Menschen und der Stier ließ von ihr ab. So setzen sie ihren Weg zu König Haggard fort, begleitet von Lady Amalthea, wie nun das Einhorn in Gestalt einer jungen Frau hieß. 

Beim König erhielten sie eine Beschäftigung im Haus. Während ihrer Arbeit forschten sie, wie sie zum roten Stier gelangen könnten. In dieser Zeit verliebte sich Haggards Sohn Lír in Lady Amalthea und tat alles, um ihr zu imponieren. Schließlich verliebte auch sie sich in ihn. Da sie zuvor das Gefühl der Liebe nie gekannt hatte, wollte sie nun für immer Mensch bleiben. Eines Tages gelangten die Freunde endlich in die Höhle des roten Stiers. Als dieser sie entdeckte, erkannte er, dass Lady Amalthea ein Einhorn war und jagte sie. Die einzige Rettungsmöglichkeit für das Einhorn sah Schmendrick in der Rückverwandlung und benutzte in der Not ganz bewusst seine Kräfte. Die Magie glückte und endlich war er ein richtiger Zauberer, so wie er es sich immer gewünscht hatte. 

Die Flucht aus der Höhle gelang, doch der rote Stier stellte sie am Strand unterhalb der Burg. Er jagte das Einhorn, das sich nicht mehr wehren wollte und scheinbar aufgegeben hatte. Da beschloss Prinz Lír, seine Liebe zu retten. Er stellte sich dem roten Stier entgegen. Als das Einhorn dies sah und er beim Angriff tödlich verletzt wurde, griff es den roten Stier an. Es trieb ihn ins Meer, was die darin gefangenen Einhörner beobachteten. Als der rote Stier endlich aufgab und in den Wellen verschwand, kamen die Einhörner wie regenbogenschimmernde Masten auf silbernen Schiffen aus dem Wasser gelaufen. Jede Woge trug Hunderte heran, sie bäumten sich auf und stampften und bogen ihre langen wolkigen Hälse weit zurück, sprangen an den Strand und liefen davon, um in ihre Wälder zurückzukehren.
Die Rückkehr der Einhörner und das Verschwinden des roten Stiers brachte die Burg zum Einsturz und mit ihr stürzte der König. Am Strand lag der Prinz regungslos am Boden. Da berührte das Einhorn mit der Spitze seines magischen Horns den Mund des Prinzen und er erwachte. Da ging es davon.

 

Schmendrick und Molly begleiteten den Prinzen ein Stück und verabschiedeten sich dann von ihm. In der Nacht darauf kam das Einhorn noch einmal zurück zu Schmendrick und erklärte ihm, dass es nun zurückkehren müsse. Es hatte Angst davor, denn zum ersten Mal hatte es Liebe empfunden und Leid. Als einziges Einhorn der Welt tue es das noch immer. Dennoch trat es den Rückweg an in seinen Wald, wo es bereits erwartet wurde.